Definition
Behaviorismus ist die Theorie der Wissenschaft des menschlichen und tierischen Verhaltens. Das Gehirn wird dabei als „Black Box“ angesehen, deren innere Prozesse nicht von Interesse sind. Verhalten wird als Ergebnis von verstärkenden und abschwächenden Faktoren aufgefasst.
Geschichte des Behaviorismus
John B. Watson gilt als Begründer des Behaviorismus. Watson lehrte an der John-Hopkins-Universität in Baltimore und machte den Behaviorismus in den 1920er Jahren zum vorherrschenden Denkansatz in der Lernpsychologie. In seiner Schrift „Psychology as the Behaviorist Views it“ grenzt er sich von der auf Introspektion beruhenden Bewusstseinspsychologie ab und fordert, alles Subjektive aus der Psychologie zu verbannen [Wat13]. Das Ziel Watsons und der Behavioristen war die Etablierung der Psychologie als objektive Wissenschaft und damit ihrer Anerkennung als Teil der Naturwissenschaften.
In den 1950er Jahren fand der Behaviorismus durch die Werke von Burrhus F. Skinner seinen Höhepunkt im sog. “radikalen Behaviorismus”. In [Ski71] behauptet Skinner, dass Bewusstsein und freier Wille Illusionen seien und menschliches Verhalten ausschließlich auf gelernten Reaktionen auf Reize aus der Umwelt basiere.Heute hat die Psychologie die starren Schranken des Behaviorismus hinter sich gelassen und und betrachtet in der Lernforschung auch die inneren Prozesse, die strenge Behavioristen als Gegenstand der Forschung ausschließen wollten. Dennoch stellt der Behaviorismus einen wichtigen Schritt in der psychologischen Forschung dar. Seine Suche nach experimentell messbaren Gesetzmäßigkeiten im menschlichen Verhalten ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil der Lernforschung.
Leitgedanken des Behaviorismus
Der Leitgedanke des Behaviorismus besteht darin, die Psychologie auf die Untersuchung beobachtbaren Verhaltens (d.h. Hebel drücken, Körperreaktionen etc.) zu beschränken. Die inneren Prozesse des Menschen (Emotion, Motivation, Absicht etc.) werden zwar nicht geleugnet, bleiben aber bewusst unberücksichtigt, da sie weder beobachtbar noch präzise messbar sind. Das Innere des Menschen wird in behavioristischen Theorien demzufolge als „Black Box“ angesehen.
Das grundlegende Paradigma des Behaviorismus ist das Reiz-Reaktions-Schema: auf bestimmte Reize (sog. Stimuli, z.B. Hunger, Licht) folgen bestimmte Reaktionen (sog. Responses, z.B. Speichelfluss, Hinwenden zur Lichtquelle).
Behaviorismus und Lernen
Lernen wird in behavioristischen Modellen als Verstärkung und Abschwächung von Verhaltensweisen aufgefasst. Hat ein bestimmtes Verhalten ein angenehmes Ereignis zur Folge, z.B. ein Lob, eine Belohnung oder einen Lernerfolg, so wird dieses Verhalten verstärkt. Dieser Vorgang heißt positive Verstärkung. Im Gegenzug dazu spricht man von negativer Verstärkung, wenn durch ein bestimmtes Verhalten ein unangenehmer Zustand in einen angenehmen Zustand umgewandelt wird und das entsprechende Verhalten dadurch ebenfalls verstärkt wird.
Verhaltensweisen können auch abgeschwächt werden, wenn sie unangenehme Ereignisse (negative Reize) zur Folge haben. Nach Thorndike wirkt sich die Intensität des angenehmen oder unangenehmen Reizes dabei direkt auf das Ausmaß der Verstärkung oder Abschwächung aus: „Je größer die Befriedigung oder das Unbehagen, desto größer die Stärkung oder die Schwächung der Verbindung“ ([Tho11], 244).
Im Kontext schulischer Lehr- Lernmethoden steht der Behaviorismus für das klassische „Einpauken“ von Informationen. Fest vorgegebene Aufgaben werden so lange wiederholt, bis sie richtig gelöst werden. Durch Lob oder Lernerfolge werden Reize geschaffen, die die korrekt memorierte Information verstärken. Vontobel beschreibt das behavioristische Lernmodell demnach auch als „Verstärkung des Lernverhaltens durch Erfolg: Wer erfolgreich lernt, lernt lieber und besser!“ ([Von06], 3). Demzufolge sollen Lerninhalte so aufbereitet werden, dass beim Lernen häufig Erfolgserlebnisse ausgelöst werden. Wie dieses Ziel umgesetzt werden kann, beschreibt u.a. Skinner in seinen Regeln für programmiertes Lernen („programmed instruction“) (vgl. [Ski71-2]):
- Dem Lernenden muss das Lernziel so genau wie möglich bekannt sein.
- Die Lernschritte müssen in logischer Abfolge zum Lernziel führen.
- Der Lernende soll 95% aller Lerneinheiten erfolgreich bestehen können.
Vertreter des Behaviorismus
Burrhus F. Skinner
- 1904-1990; Begründer des „radikalen Behaviorismus“ (kein freier Wille, Verhalten basiert allein auf gelernten Reaktionen auf Umweltreize)
- Erfinder der „Skinner-Box“
- Tiere sind in Box gesperrt und erhalten durch Drücken eines Hebels Futter
- Tiere drückten nach Lerneffekt den Hebel immer häufiger
- Abkehr von Reiz-Reaktions-Ketten und Grundlage des operanten bzw. instrumentellen Konditionierens
John B. Watson
- 1878-1958; Professor an der John-Hopkins-Universität in Baltimore
- Begründer des Behaviorismus
- Leitideen:
- Psychologie als objektive Naturwissenschaft
- Auffassung des Organismus als Black-Box, allein das Verhalten ist für Psychologie interessant
- Keine Introspektion, da subjektiv und nicht prüfbar
- Zerlegung allen Verhaltens in Reiz u. Reaktion
- Reiz: Hunger, äußere Einflüsse etc.
- Rekation: jegliches Verhalten
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